Die chinesische Küche ist super! Wenn da nicht eine Sache wäre: Zerlegen ist häufig nicht Angelegenheit des Kochs, sondern des Essers.
Viele chinesiche Gerichte haben das Merkmal, dass im Prinzip alles zusammen gekocht wird. Man trennt nicht Fleisch/Fisch von Knochen, Knorpel oder Gräten. Bei vielen Gerichten werden Knochen, Knorpel, Gräten, Chitinpanzer, Muschelschale, etc. mitserviert. Im Prinzip wird das Gargut am Stück zubereitet und vor dem Verzehr nur grob in mundgerechte Stücke zerhackt. z.B. halbes Hähnchen oder Hähnchenkeule wird in Stücke gehackt -> komplett mit Knochen und Knorpel
Wie isst man also solche Stückchen die noch an Knochen und Knorpel hängen, ohne Messer und Gabel zur Hilfe nehmen zu können*? Folgende Optionen: Mitessen, Auspucken, oder die für mich noch unbeherrschte Kunst die Stücken am Knochen/Knorpel mit den Essstäbchen zu greifen, um das Fleisch vom Knochen/Knorbel abzukauen, während dieser weiterhin mit den Essstäbchen gehalten wird – Eating like a (chinese) boss
Rumkatscheln, Nagen, Schlabbern und Abschlürfen gehört hier zum guten Ton bei Tisch 😉
In der Anfangszeit habe ich die Angelegenheit mit den Knochen vergessen und mir im Restaurant ein Gericht mit Namen “Griddle Cooked Chicken with Pepper” bestellt. Ich hoffte auf etwas weniger fettiges Fleisch, weil gekocht und nicht gebraten. Leider hätte ich besser auf das Bild achten müssen. Bekommen habe ich eine sehr appetitlich aussehenden, köchelnden Pfanne gefüllt mit Paprika, Selleri, Chili, Zwiebeln … und dummerweise lauter knochige und knorplige Geflügelstücken … naja, wieder dazugelernt; beim nächsten Mal genauer hinzusehen.
Laut meinen chinesischen Kollegen, kocht man die Stücke im ganzen, damit der gute Geschmack der in Knorpel und Knochen steckt auch in das Gericht übergeht. Meine Antwort: Klar, machen wir in Europa auch. Nur lösen wir dann das Fleisch vom Knochen. Darauf die esotherisch klingede Antwort meiner Kollegen: Der gute Geschmack wird erst aufgenommen, wenn man Knochen/Knorpel mit zum Mund führen kann. So albern ich die Antwort fand, ich habe gerätselt, ob sie es ernst meinten oder nur nach Argumenten suchten …
Gekochtes Hühnerbein habe ich mittlerweile selbst probiert. Es war keine große Überraschung: Kein Eigengeschmack und es besteht nur aus Knochen und hartem Knorpel. Dementsprechend habe ich nicht viel vom Bein essen können, als ein paar Fetzen der schrumpligen Außenhaut.
Also meide ich im Restaurant die Geflügelgerichte (und die Schweinegerichte ohnehin) …
Neulich war ich mittags in der Huanghe Lu – der “Food-Street” nahe des People’s Square. Auf ein 0815-Restaurants mit netten Fotos in der Speisekarte – aber eher region-unspezifischen Gerichten hatte ich keine Lust. Ich wollte weiter die Küche Shanghais erkunden und bin deshalb in ein Restaurant, dass eher nach lokaler Küche aussah, aber zumindest englische Übersetzung neben den chinesischen Zeichen hatte. In dem Bereich des angeschlagenen Menus wo typische Shanghai Dumplings und Shrimps standen, folgte noch ein Gericht “Characteristics SanHuangJi” – Mein Gedankengang: Da stehen Dumplings, da stehen Shrimps – mag ich beides, also warum nicht eine typische Spezialität ausprobieren?
Toller Gedankengang – ging nur in die falsche Richtung, denn was mir daraufhin unheimlich zügig serviert wurde war Folgendes:
Ein durchgegartes, aber schon kaltes, kleines, halbes Hähnchen; am Stück in Längststreifen gehackt. Ich habe jene Überraschung sportlich genommen 🙂
Damit geht San Huang Jí als weitere Shanghai Speziälität auf die Liste der Gerichte, die ich probiert habe – wenn auch unfreiwillig …
* Wer es noch nicht weiß, in China wird mit Essstäbchen gegessen – maximal kriegt man noch einen Löffel