Hong Kong Style: Dim Sum, klebrig-kariös und doch unwiderstehlich süß

An meinem letzten Abend in Shanghai hat es tatsächlich geklappt: Dim Sum – Hong Kong Style
Viele Chinesen aus Hong Kong sagten, dass es außerhalb Hong Kongs kaum authentisches Dim Sum gäbe – außer in überteuerten Spezialrestaurants, die ich gemieden habe.

Meine Abendbegleitung wollte mich überraschen mit chinesischem Essen, das ich noch nicht probiert hatte. Leider waren wir zeitlich etwas unter Druck, da wir eine Reservierung in der Cloud 9 Bar des Jin Mao hatten (dazu in einem anderen Blogpost). Meine Begleitung verlor ihr Selbstbewusstsein, weil ich schon so viele verschiedene Küchen Chinas ausprobiert hatte, dass ihr kein Restaurant übrig blieb, das etwas servierte was ich noch nicht kannte. In Anbetracht der knappen Zeit schlug ich kurzerhand den Food Court im Untergeschoss der Super-Brand-Mall vor. Das traf die Voraussetzung für schnell, große Auswahl, gutes Preis-Leistungsverhältnis.

Schließlich gab es dann doch etwas, was ich noch nicht probiert hatte: Dim Sum – Hong Kong Style

Wie es in China mit dem Essen so ist, alle Sinne essen mit: In runden Bambuskörben wurden mundgerechte Kunstwerke gedämpft.

So klein – und gleichzeitig so gehaltvoll 😉

Die bunten Happen im Bambusnest muteten vielmehr wie Plastik/Gummi-Dekoration an, als tatsächlich etwas Essbares. Manche Stücke sehen aus wie aus Gummibärchengelantine, haben die Konsistenz von Weingummi und den Geschmack von irgendwas dazwischen – etwas fester als Melasse; auch leicht geleeartig. Lässt sich definitiv besser kauen als Weingummi. Klebt nicht zu stark, aber melassenartig. Es gab auch Teigtaschen die zwar herzhaft/salzig waren, doch auch einen süßen Kern hatten. Egal welche Form und Farbe, die Happen hatten eine Gemeinsamkeit: klebrig, klebrig, klebrig

… und süüüüüüüüüß

Im Abgang nicht so sauer wie Gummibärchen. Aromatisch wie exotische Früchte, manch andere schmeckten leider künstlich.

Die weingummiartigen Stückchen haben eine fiese Nebenwirkung wie Napalm: Klebt am Opfer um es zu zersetzen -> klebt am Zahn um Karies und Bactus fressen zu lassen 😉

Doch so schön süß.

Laut chinesischen Kollegen isst man die Häppchen eher zum Nachmittagstee. Dass kann nur an den britischen Einflüssen liegen – Hong Kong ist schließlich erst ein paar Jahre keine UK-Kolonie mehr.

Hong Kong Style Dim Sum war jedenfalls den Versuch wert. Checkmark on the list 🙂 – Neugier an Hong Kong geweckt

Sweet!

Sweet!

Schlemmen in Shànghǎi Teil 3 – Auf Nummer sicher mit Fisch?

Sonntag 07-SEPT-2014

An meinem letzten Wochenende wollte ich hauptsächlich Meeresfrüchte und Fisch probieren.
In einem Restaurant bei mir um die Ecke bestellte ich gedämpften/gekochten Fisch und als Vorspeise Pí dàn mit Tofu.

Der Fischtopf war gut – allerdings merkte man den Einfluss der Küche Shànghǎis sofort: Der Pott war überzogen mit grau-gekochten Streifen von Schweinefleisch. Also eine shànghǎier Interpretation von gekochtem/gedämpftem Fisch.

Außerdem ist dem Koch womöglich die Hand ausgerutscht, als er den Tofu zum Fischtopf hinzufügte; kiloweise Tofu bei dem ich mich zwischenzeitlich fragte, ob er zum Essen oder als Verzierung gedacht war. Die Portion war ordentlich. Mein Proteinbedarf des Tages wurde fast allein durch den Fischtopf schon gedeckt – und vorweg hatte ich schon Tofu mit Pi dán …

Der Fisch schmeckte sehr gut; hatte leider viele Knochen und Gräten die mein Mittagessen in die Länge zogen.

Montag 08-SEPT-2014

Das Grape Restaurant wurde bekannt in 80er Jahren durch avangardistische Züge und ausgefallene Speisen. Gerichte sollen typische Küche Shànghǎis sein – aber mit eigenen Interpretationen. Das merkt man sofort bim Blick in die Speisekarte. Viele Gerichte mit Schweinefleisch, einige Meeresfrüchte und sonstige Köstlichkeiten des Meeres. Da die Krabbengerichte seltsam anmuteten (ganze Krabben in süßer Sauce) – und ich keine Lust auf Schwein hatte (Scheinebauchstreifen auf einem torförmigen Gestell serviert, wie Bettlaken auf einer Wäscheleine zum Trocknen). Durchaus interessantes Design auf dem Teller. Essen ist in China ein Fest für alle Sinne.

Ich bestellte schließlich den Mandarinfisch, weil dies scheinbar Delikatesse in Shanghai sein soll. Unter Mandarinfisch verstand ich bisher einen bunten Zierfisch. Das Foto auf der Speisekarte glich dem jedoch nicht. Es sah auch so aus, als sei der Fisch entgrätet. ein weiteres Argument zu probieren.
Was ich bekam glich zwar dem Foto auf der Speisekarte, spielt aber in der obersten Klasse an Überraschungen die ich beim Essen in Shanghai bekam: Ein Fisch im bunten Clownskostüm auf fettig-frittiertem Donutteig. Ein wahres Kunstwerk; garniert mit vereinzelten Erbsen, Möhren, Shrimps und Pinienkernen.
Ich dachte erst, dass der Fisch mit Tomatensauce serviert wurde. Leider nein. Es war eine Sauce die noch süßer war, als der lockige Frittierteig in den der Fisch gewickelt war. Ein süßer, leicht künstlicher Geschmack. Wahrscheinlich wurde die Sauce angedickt mit ordentlich Glutamat … und womöglich sollte es Mandarinengeschmack sein, was den Namen Mandarinenfisch erklären würde.
Immerhin, abgesehen von Kopf und Flossen war der Fisch grätenfrei.

Neben dem Zuckerschock – der leider nicht sehr sättigend war – bestellte ich doch eine “Schweinerei”, die allerdings nicht typisch für Shànghǎi sein soll … seht selbst in den Fotos.

 

abends startete ich einen zweiten Anlauf noch fett- und zuckerfreie Fischgerichte zu bekommen.

Habe über Krabbe und Muschel nachgedacht – wieder veworfen und Fischvariante gewählt – ein Fehler?

Nochmal Pi dan, diesmal als Salat. Der Salat stellte sich einfach nur als kleingeschnittenes Ei in fettiger Sojasauce heraus. Dazu ein paar kleingehackte, getrocknete Chili, Frühlingszwiebelringe und Sesamkerne als Deko.

Der Fisch wurde wieder komplett serviert. Schmeckte gut, allerdings wurde der Fisch vor der Zubereitung nur von den Innereien befreit. Sehr fies waren an diesem Fisch die Knochen und Gräten in verschiedenen Dicken und Formen. Vor allem die gegabelten haarfeine Gräten bereiteten eine Geduldsarbeit -> aber man merkt meine Fortschritte beim Fisch zerlegen mit Essstäbchen deutlich 😉

Snake Hot Pot

Samstagabend/-nacht 06-SEPT-2014

Schlangenfleisch findet man selten bis gar nicht in europäischer Küche. In China, allen voran in Hong Kong und Kanton, steht Schlange durchaus auf der Speisekarte. Nach einem zusätzlichen Training am Samstagabend kam ich auf die fixe Idee, Schlangenfleisch zum Abendessen zu probieren: Niedrig in Fett, reich an Protein für optimale Muskelregeneration nach dem Training. Auf diese Idee brachte mich auch der Artikel über ein Restaurant das sich auf “Snake Hot Pot” spezialisiert hat.

Ein Anruf bei dem Restaurant verlief leider frustrierend, denn ich spreche nach wie vor kein chinesisch und mein Gesprächspartner verstand kein Wort english.

An der Hotelrezeption bat ich, jenes Restaurant anzurufen um nachzufragen, ob ich reservieren muss, oder einfach vorbeikommen kann. Nachdem der Concierge George dort anrief, sagte er es sei derzeit geschlossen wegen Renovierungsarbeiten. Es mutete etwas seltsam an, denn nach kurzem Überlegen sagte George: “I have a crazy idea. Do you want an experiment?” Seine verrückte Idee war ein anderes Restaurant, das ebenfalls Schlangen Hot Pot anbietet, auszuprobieren. Er erinnerte sich nicht an die Adresse, war aber bereits dabei nach dem Lokal im Internet zu suchen. Jedoch sind es die rein chinesich-orientierten Lokale, die keine Internetwerbung brauchen. Er wollte ein Taxi bestellen, dass mich in die Nachbarschaft des Restaurants bringt. Zum genauen  Haus wollte er dann den Fahrer per Telefon lotsen. Das klang äußerst seltsam. Da George schon längst Dienstschluss hatte, bot ich ihm an, dass er mit mir dort Abendessen kann. Dann kommt er am besten gleich mit.

George noch, man könne in jenem Hot Pot Restaurant neben Reptilien auch sehr außergewöhnliche andere Gerichte probieren. Meine Neugier wuchs und ich fragte nach welche. Ihm fehlten die englischen Vokabeln. Er sagte, die Tiere hätten vier Beine – na toll dachte ich, viele essbare Tiere haben vier Beine. Ich also erst diverse Tiere nachgeahmt: Schildkröte, Affe, Esel, …  Dann kam er drauf: Deere and rabbit (Hirsch/Reh und Kaninchen/Hase) …und ich sagte nur: Das ist für mich nicht außergewöhnlich. Sowas ist in Deutschland einfacher zu kriegen, als Reptilienfleisch – in China genau anders herum 😉

Wenig später fuhren wir mit der Metro in die Nachbarschaft des Qipu Marktes. Bei Nacht ist jenes Viertel total verändert. Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir das Restaurant, was man nicht als solches erkannt hätte, weil der Eingang unscheinbar war und man erst über eine Treppe in das Lokal im oberen Stockwerk kam.

Diese Orte sind für Eingeweihte …

Der Geruch beim Betreten was ganz anders als in sonstigen Hot Pot Restaurants. Wie mir im Nachhinein einfällt, war es  warscheinlich die Mischung aus Gasgeruch der Hot Pot Kocher und frittiertem/brennendem Fleisch – purem Fleisch, denn Schlangen sind weder sehnig noch fett. Ein Geruch von Frittierfett und angesengter Schlangenhaut vielleicht? Leicht süßlich, scharf-salzig im Abgang 😉

 

George wollte nach seiner Aussage mich nur dahinlotsen. Dann saßen wir aber doch gemeinsam am Tisch. Natürlich war er sehr willkommen an meinem Tisch, denn die Speisekarte war nur auf chinesisch. Wir haben bestellt: Knusprig frittierte Schlangenstücke, Schlangenschwänze, diverse andere Stücke, teilweise nur Filet. Schildkröte war aus – wie immer. Diverse andere Optionen waren auch aus. Meine Vermutung ist, dass sich hinter den nicht verfügbaren und teureren Optionen die giftigen Schlangen verbergen. Um welche Schlangenarten die bei uns im Kochtopf endeten tatsächlich handelte, weiß ich nicht und nachforschen wird schwer, denn die Speisekarte war komplett auf chinesich. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt genauer nachzuforschen.

Zum Hot Pot gab es wie gewohnt Kräuter, Dips und eine Mischung aus Erdnuss- und scharfer Sauce (scharf für die shanghaier Zunge – für meine Verhältnisse nur leicht pikant). Allein die Hot Pot Brühe war schon sehr lecker: Pilze in unterschiedlichen Größen, Loorbeer, Goji-Beere/Bocksdorn und die leckere chinesische Dattel die leicht süßlich schmeckt (JuJuBe). Aber die Brühe wird normalerweise nicht mitgegessen. Wenig später wurden in unserem Hot Pot diverse Schlangenstücke mit bunten Mustern gekippt. Mindestens 3 verschiedene. Laut George werden jene ungifte Schlangen nur für den Kochtopf gezüchtet.

Mir schmeckt Schlangenfleisch sehr gut. Viele Personen die es einmal probiert haben, behaupten es schmecke wie Hühnchen. Womöglich sagen das viele Leute, weil sie selbst keinen Geschmack herausschmecken können. Jenes magere Fleisch hat einen milden, dezenten Eigengeschmack. Die langen weißen Muskelfasern jener Schlangen in unserem Topf hatten einen relativ neutralen Geschmack; durch die Hot Pot Brühe leicht salzig. Die größeren Filetstücke die wir bestellten, schmeckten sogar besser als Hühnchen. Mit den antibiotika-verunreinigten Geflügelbrüsten aus deutschen Discountern kann man Schlange erst recht nicht vergleichen. Es schmeckt eher wie eine Mischung zwischen weißem Fisch und sehr, sehr zartem Putenfilet. Es kann mit dem zarten Krebsfleisch aus der Shouning Lu mithalten 🙂 Keine Sehnen oder Fett. Pure Muskelfasern – die allerdings auch zwischen den Zählen hängenbleiben, wenn man sie von den Knochen abnagt. Es ist leider nicht viel Fleisch dran an einem Stück Schlange – wie so oft bei chinesischem Delikatessen. Ein Stück besteht hauptsächlich aus den Wirbel- und Rippenknochen. Und das leckere, muskeldurchzogene Fleisch geht leider eine innige Bindung mit jenen Knochen ein. Also mal wieder das Fleisch vom Skelett abnagen und nebenbei Lektionen in Anatomie durchlaufen.

Jedoch ließ sich das Fleisch umso besser abkauen, umso länger die Stücke im Topf köchelten. Wir hatten auch reine Filetstücke bestellt, an denen die Wirbelknochen mit den gräteartigen Rippen bereits entfernt wurden. Ein Genuss!

Lebende Schlange haben wir keine gesehen …

Snake Hot Pot - I ❤ SH

Snake Hot Pot – I ❤ SH 

 

Der Weg zum Mondfest; gepflastert mit überteuertem Mondkuchen

Als ich erfuhr in welchem Zeitraum ich in Shànghǎi sein werde, vollführte ich vor meinem inneren Auge eine freudigen Luftsprung, denn das diesjähre Mondfest fiel in meinen Aufenthalt. Gemäß Tradition sitzen die Familienmitglieder an diesem Feiertag abends zusammen und essen Mondkuchen während sie den Vollmond betrachten. Der Mondkuchen wurde zum vordergründigen Symbol, vielmehr schon zur Hauptsache des Mondfestes erhoben. Die Variationen der Mondkuchen ist so facettenreich und riesig wie die zahlreichen Provinzen und Regionen in China. Mondkuchen symbolisieren mit ihrer Form den Vollmond, sie sind aus verschiedenen Teigformen und haben unterschiedliche Füllungen. Die Füllungen variieren zwischen süß, salzig oder Kombinationen davon. Einen guten Überblick über die Mondkuchen-Vielfalt gibt der englische Artikel in der wikipedia.

Ein Kollege brachte mir shanghaier Mondkuchen aus einer Art Blätterteig mit. Die Füllung – obligatorisch für Shanghai – bestand in der salzigen Variante aus Schweinehack und in der süßen Variante mit roter Bohnen-Paste:

Ich habe bereits im letzten Jahr zum Mondfest die kantonesichen Mondkuchen mit Eidrotterfüllung probiert und war begeistert. Umso größer also meine Vorfreude auf das Mondfest in Shànghǎi.

Was aber die eigentlichen Festivitäten anging, so wechselte in den Wochen vor dem Mondfest meine Euphorie in Ernüchterung und während des Mondefestes sogar in Enttäuschung (dazu in einem späteren Artikel mehr). Das Mondfest kann man mit unserem Weinachtsfest vergleichen. Zum einen fällt Weihnachten zusammen mit einem wiederkehrenden kosmischen Ereignis. Zum anderen feiert man im Familienkreis, statt mit öffentlichen Straßenfesten. Desweiteren fällt im westlich-orientierten Shànghǎi auf, dass auch das Mondfest dem Kommerz immer mehr zum Opfer fällt. Mondkuchen werden in den seltensten Fällen selbst gebacken, sondern von Bäckereien und in Lebensmittelmärkten gekauft.

Mondkuchen werden häufig nicht für den Eigenbedarf gekauft, sondern werden gekauft zum Verschenken. Daher sollten sie möglichst reich verziert oder aufwändig gestaltet sein. Erst recht gilt dieser Pomp auch für die Verpackung. Wobei die meisten Mondkuchen in eine Handfläche passen, benötigt man für die Geschenkpackungen schon fast eine Mannschaft chinesischer Wanderarbeiter, die die Packung nach Hause tragen. Hier findet man rot-goldene Geschenkzylinder aus Samt oder anderen edlen Stoffen, sarggroße Geschenkkisten ausgekleidet mit gelb-leuchtender Seide in denen die kleinen Küchlein versinken.

Das führt in eine Spirale des Zugzwanges die von der Lebensmittelindustrie angeheizt wird. Chinesen trumpfen gerne auf in puncto Gastfreundschaft und Beschenken. Um die Mondkuchen hat sich daher eine Geschenkkultur entwickelt, bei der die Wertschätzung des Schenkenden an den Beschenkten durch die Hochwertigkeit des Mondkuchenpräsentes ausgedrückt wird. Umso pompöser und teurer, umso höher die vermeintliche Wertschätzung. Wer hier eine zu kleine Packung wählt, oder keine teure Marke, der gilt folglich als knauserig etc.

Große internationale Marken wie Häagen-Dasz, Starbucks, die belgische Schokoladenkette Godiva etc. nutzen diese chinesische Auftrumpferei  und Geltungssucht aus und heizen die Mondkuchen-Ralley mit edel-verpackten und überteuerten Mondkuchengeschenke zusätzlich an.

Auch Luxushotels wie Hyatt oder Ritz-Carlton springen auf den Zug auf und stellen die bestellbaren Mondkuchenpräsente in ihren Lobbies aus. Kleine Küchlein in großen Geschenkpackungen zum überdimensionierten Preis.

Mittlerweile bildete sich eine winzige Gegenbewegung, die an die Tradition erinnert und aufzeigt, wie verrückt die Konsumkultur um die Mondkuchen geworden ist. Die realen Kosten für Zutaten und selber backen belaufen sich auf wenige Yuan – die Edelmarken verkaufen Mondkuchen für das hundertfache jener Materialkosten. Vor dem Food Court der Super-Brand-Mall habe ich einen Chinesen getroffen, der von jener Gegenbewegung erzählte, die zurückkehrt zum Selbstbacken von Mondkuchen.

Meine Fotosammlung von Mondkuchenwerbung entstand spontan, wenn mir Werbung oder Ausstellung von teurem Mondkuchen auffiel. Man musste nicht explizit danach suchen … sondern wurde eher verfolgt von der Werbung…

Taiwanesisch

Donnerstag 04-SEPT-2014

Wenn ich nicht in China herumreisen kann aufgrund der begrenzten Zeit meines Aufenthalts, so reise ich durch die Küchen der verschiedenen Provinzen. Meine chinesichen Kollegen unterstützen mich dabei. Ein Kollegen lud mich abends nach der Arbeit in ein taiwanesisches Restaurant nicht unweit unserer Arbeitsstelle ein.

Spezialitäten der taiwanesischen Küche sind neben den üblichen Verdächtigen (Schwein und Huhn) reichlich Fisch und Meeresfrüchte:

 

Exzellenten gedünsteten/gedämpften Barsch. Womöglich war dies das beste Fischgericht, das ich in meiner Zeit in Shanghai kosten durfte. Das Fleisch löste sich problemlos von Gräten. Es war zart, zergeht auf der Zunge, kaum Fett, nicht zu viel aber auch nicht zu wenig Gewürz.

Manch andere Fische, die in heller Soja-/Essigsauce ertränkt wurden. War beim Barsch auch dabei. Aber habe schon schlimmere Verbrechen mit dicker, dunkler, Glutamat-geschwängerter Sojasauce erlebt …

Showdown in der Shouning Lu: Tonnenweise rotgegarte Langusten unter flackernder Neonlichtreklame

Freitagabend 29-AUG-2014

Meine Unterkunft liegt an der Shouning Lu. Diese Straße bildet eine Institution für Street Food in Shànghǎi. Selbst in einem halben Kilometer Entfernung gegen den Wind kann man die Shouning Lu erschnüffeln. Sie nebelt ihre Umgebung in einen anregender Duft von Meersalz, Öl, scharfem Gewürz, Grillgut und so vielen mehr exotisch-fettigen Geruchsnoten. In der Shouning Lu werden verschiedene Schalentiere und teilweise “chinesisches Barbecue” aufgetischt. Es ist das Paradies für Schalentierliebhaber. Im Prinzip bietet fast jedes Straßenrestaurant hier die gleiche Auslegeware – meist auch zum gleichen Preis. Saisonale Krustentiere satt: Langusten, Shrimps, Krebse unterschiedlicher Gattungen, diverse Muscheln, Hummerschwänze … und mehr, was ich noch nicht identifizieren konnte. Alles frisch! Die verschnürten und in Kältestarre gehaltenen Krebse leben noch, die Langusten krabbeln sich gegenseitig über den Haufen in den Badewannen die neben dem Ständen stehen.

Desöfteren wanderte ich nach der Arbeit oder an den vergangenen Wochenenden abends durch die im Neonlicht flackernden, von Krustentierabfällen verschmiert ölige Shouning Lu. Chinesiche Grillmeister brutzeln Spieße von Fisch oder Kalamaris, rühren in dampfenden Garbottichen oder bieten den Passanten lärmend ihre Ware feil. Wie so viele Fressgassen oder Straßenmärkte bietet auch die Shouning Lu eine Achterbahnfahrt für alle Sinne.

Hier eine Mahlzeit einzunehmen habe ich mir für einen besonderen Abend aufgehoben, also nach einer Arbeitswoche oder nach dem Training/Touren am Wochenende. An jenem Abend war es also soweit: Nach Akklimatisierung mit Straßenessen und noch vor einer Dusche folgt als Showdown für den Samstagabend ein Abendessen in der Shouning Lu. Um auf Nummer sicher zu gehen was Qualität und Minimalstandards an Hygiene angeht, suchte ich einen Stand, wo viele Besucher anstanden bzw. die Tische in den Räumen hinter dem Stand mit Besuchern gefüllt waren. Ich stellte mich also vor einen Stand mit roten-schillernden Langusten und kochbereiten Krabben. Überraschenderweise sprach ein Kunde in mittlerem Alter sogar englisch! Von ihm habe ich mir gleich die Preiskonditionen erklären lassen und daraufhin auch geordert. Was allerdings in der leicht lückenhaften Konversation unterging: Abgerechnet wird bei den Langusten nicht nach Stückzahl sondern nach “Yin” -> der chinesischen Gewichtseinheit für Pfund. Als ich also “qī” geordert habe von Krebs und Languste, kriegte ich auch einen Krebs, bei Langusten wurde mir allerdings ein halbes Kilo dampfend und pikant am Tisch serviert.

Dampfende Bleche voller feuerroter Langusten, die frisch aus dem blubbernden Sud des Kochbottichs gefischt wurden.

Überhaupt war der ganze Prozess des Abendessens ein Abenteuer. Während ich auf meine Bestellung wartete, wurde mir ein Platz zugewiesen und meine “Bewaffnung” bereitgestellt. Als Ausrüstung für das Mahl erhielt ich ein Schüsselchen von heller Sojasauce/Essig, eine kleine Metallwanne, Plastiküberzieher für die Hände und ein niedliches Paar Einweg-Essstäbchen … und die Wirtin warf mir einen herzlichen Blick zu der sagte: “Viel Glück, weitgereister Fremder!”

Am Nachbarstisch lärmte eine mittelgroße Familie bei eimerweise Langusten, gebratenem Gemüse, Muscheln etc. Hier konnte ich mir schon etwas abschauen, wie die Sache mit den Plastiküberziehern zum Pulen der Schalentiere funktionierte.

Schließlich wurde mein kleiner Bottich mit dem halben Kilo rotgegarter Langusten serviert. Gibt es im Knigge ein Kapitel über “Wie isst man Langusten”?

Nach einem meditativen Moment (-> och ja der Gefahrensucher – in was bin ich hier wieder hereingeraten) griff ich die erstbeste Languste und fragte mich beim Abtasten des warmen, fettigen Chitinpanzers: Welchen Trick muss man anwenden um möglichst sauber an die essbaren Stellen zu kommen? Die Chinesen an den Nachbartischen pulen kurz und saugen sie dann aus. Aber vorab: Welche Teile sind überhaupt essbar?

Es war wieder eine Lehrstunde in veterinärer Anatomie: Lektion 2.3 – Anatomie der Languste. Ich war gleichsam neugierig, als vorsichtig, ob ich mir vielleicht das Wochenende versaue, wenn ich ungenießbare Teile der Krustentiere mitesse … Prinzipiell sollte durch das Abkochen so ziemlich alle schädlichen Bakterien abgetötet worden sein. Nach 2-3 Langusten, die ich akribisch sezierte um an das schmackhafte weiße Fleisch zu kommen, verabschiedete ich mich vom Gedanken die Panzerung und Spinnenbeinchen sauber vom Fleisch zu tretten und aß einfach, was ich von der groben Schale trennen konnte: Chitin ist doch gesund, oder?

Wenig später wurde mir auch der Krebs am Tisch serviert – so we meet again buddy.

Wie ich später im Hotelzimmer auf wikipedia nachlies, handelte es sich allerding bei der shànghǎier Delikatesse der aktuellen Saison nicht um einen Flusskrebs, sondern um die chinesiche Wollhandkrabbe (mitten crab).

Tatsächlich fiel mir die wollige Schere auf, was ich zuerst für Dreck aus dem Yangtze hielt und erstmal liegen ließ:

1. Known as “hairy crab” (毛蟹) in English, the local name of the gourmet seafood is dazha xie, or big sluice crab (大闸蟹). Although it falls under the same family of hairy crab, only those heavier than 150 grams can be classified as dazha xie.

Chinesischer Name ähnlich der Metro-Station Dashijie an der ich einsteige, ich glaube hier nicht an einen Zufall, denn der Name der Station in chinesisch wird nahezugenauso geschrieben, wie die Krabbe: 大闸蟹 Krebs

Das beste zarte und weiße Fleisch an der Krabbe verbirgt sich jedoch in den Beinen und tatsächlich den schwer knackbaren Scheren. Die Mühe jene Scheren aufzubrechen wird mit einem kleinen, weiß-silbrigem aber wohlschmeckenden Fleischfetzen honoriert. Die eigentliche Delikatesse der Krabbe ist die innere gelbliche Flüssigkeit. Anfangs überlegte ich, ob man die überhaupt mitessen kann. Ich tat es – glücklicherweise 🙂

Der pulende Kampf durch die Chitinpanzer, Krabbenscheren und -beinchen fühlte sich an wie Stunden. Durch die praktische Beschäftigung mit Krustentieranatomie und Schlemmerei mit Langusten- und Krabbenfleisch trat auch ein wohliges Sättigungsgefühl ein. Nach dem Verschleiß von 3 Plastiküberziehern beim Genuss meines Yin Langusten und der kleinen Wollhandkrabbe, war ölig verschmiert, hatte fetzen von Krebsfleisch und Langustenpanzer zwischen den Zähnen aber war glücklich.

Noch später im Hotelzimmer haftete der herrliche Geruch von Chili-Öl, Salz, Paprika und diversen anderen Gerüchen die ich nicht zuordnen kann, aber ein unnahahmliches/beeindruckendes Barbecue-Boquet mit sich trägt. an meinen Händen und Klamotten

Mittlerweile habe ich auch aufgeholt, wie man Wollhandkrabbe im Restaurant isst – allerdings ist das schon gehobenes Niveau mit besseren Werkzeug als mein rustikel-barbarisches Essgelegenheit

http://www.culinarybackstreets.com/shanghai/2013/good-claws-hairy-crab-season/

Jetzt bin ich tatsächlich in der Shouning Lu angekommen. Nach 22 Uhr geht dort auf dem von zuckend animierter Neonreklame erleuchteten Asphalt nochmal richtig die Post ab.

Döner auf Chinesisch: Salzig fettige Leckereien aus dem wilden Xinjiang / Uighur

Freitag 29-AUG-2014

Für meine Hilfe bei Informationssuche, hat mir ein chinesischer Kollege einen Dankbarkeitsdienst erwiesen und mich zum Essen eingeladen. Ursprünglich plante er Sichuan Küche, doch da ich diese tags zuvor hatte, einigten wir uns auf Xingjiang/Uighur oder etwas anderes, das ich noch nicht probiert hatte. Durch meine Neugier auf Neues, fühlte er sich noch zusätzlich animiert mir “weird chinese dishes” aufzutischen.

So klapperten wir ein paar Restaurants ab. Ein Fischrestaurant mit obligatorischem Wels in Badewanne vor der Tür suchten wir zuerst auf. Da ich Schildkröte noch nicht probiert hatte, fragte mein Kollege nach Schildkröte – Schildkröte war leider aus. In dem Momemt entflieht der Wels seinem Badewannengefängnis mit einem feuchten Klatschen auf das dreckige Plaster und erprobt seine neugewonnene Freiheit, bis ihn ein Küchenjunge wieder in die Wanne beförderte.

Also gingen wir in das Xingjiang Restaurant nebenan. Von außen unscheinbar, schon für chinesische Verhältnisse heruntergekommen aber von innen hübsch gestaltete orientale Einrichtung.
Erst dachte ich auch an Franchise. Nun war es an meinem Kollegen als Gastgeber von der Karte außergewöhnliche Speisen für mich auswählen wollte. Er war wohl auch neugierig, auf meine Reaktionen bei den Speisen die er auswählte. Allerdings war nichts Außergewöhnliches dabei:

Wir hatten als Vorspeise kalte Reisnudeln mit ein bisschen Salat und womöglich Pilzen?
Außerdem schwarze Pilze – womöglich Morcheln

Es gab außerdem Fleischspieße, Kuhmagen mit Nudeln undLammfleisch mit Naan, außerdem Schafsnieren – die laut Beschreibung auf der Speisekarte allerdings Schafslenden gewesen sein soll. Es ließ sich nicht genau sagen, ob es wirklich Innerei war oder Filet-> es schmeckte hauptsächlich nach Grillfett.

Es war ein heftiges Mittagessen in Bezug auf Fett und Kohlenhydrate.

Die Xinjian/Uighur Küche hat starken orientalisch-muslimischen Einfluss. Sie ist daher vergleichbar mit arabischer und türkischer Küche.

Die Lammspieße sind quasi Döner auf chinesisch.

Von der Straße habe ich einige Tage später wieder Lammspieße gegessen. Waren allerdings nicht so gut wie in dem Restaurant ….

Chinesischer Döner

Chinesischer Döner

Chinesische "Dönerbude"

Chinesische “Dönerbude”

Döner auf chinesisch ;-)

Döner auf chinesisch 😉

Málà málà – Das wohlig stechende Prickeln von Sichuanpfeffer

Donnerstagabend 29-AUG-2014

Meine chinesischen Kollegen sind mit mir abends Essen gegangen. Da sie wussten, dass ich gerne scharf und gut gewürzt esse, haben sie in einem Sichuan Restaurant reserviert. Das Menu war ein representativer Querschnitt durch die Küche Sichuans – der absolute Wahnsinn, ein Fest, definitv ein Höhepunkt; wenn nicht der Höhepunkt meiner kulinarischen Reise durch China.

Zur Vorspeise gab es einen kunstvoll zusammengepressten Zylinder aus Grüngemüse und gebratenen Tofu-Stücken. Die Kollegen nannten es Gras – schmeckte allerdings besser als Gras.

Als weiteren Appetizer gab es Koushuiji – Kǒushuǐ jī – Mouthwatering chicken. Ich nenne es die Sichuan-Variante des bei mir schon berüchtigten San Huan Jí. Dieses Deja vu überraschte nicht …

Die Hauptgänge.:

– Gong Bao Shrimps

– “Innereieneintopf” bestehend aus Magen, Leber, Nieren und diversen andere …
Filetstückchen vom Aal rundeten das ganze ab. Der Aal schmckte phantastisch. Leider sehr ölig/fettig aber vom Geschmack und Konsistenz exzellent – zerging auf meiner jauchzenden Zunge :-9

– Frosch/Kröte

– Qualle

– Wels

Ach ja, es versteht sich von selbst, das ein Großteil der Gerichte mit Lastwagenladungen an Sichuanpfeffersorten, Chili und Chili-Öl serviert wurden.

Außerdem gab es zwischendurch noch Suppen, damit die Wartezeit auf den Fisch schneller rumging 😉
Was genau in der Suppe war – kein Ahnung. Sah aus wie Zucchini — war nach Aussage der Kollegen aber keine Zucchini.

Zum Nachtisch gab es ganz brav Früchte – mehr wäre nach dem Gelage gar nicht möglich gewesen

Was für mich als Capsaicin-Junkie die Sichuanküche zu einem herrlichen Erlebnis erhebt, ist neben der Schärfe von Chili und Pfeffer noch ein prickelnd-picksender Feuerwerkseffekt, der später als Nachbrenner hinzukommt, wenn die brennende Schärfe langsam abklingt. Es fühlt sich auf der Zunge, auf den Lippen und teilweise im Rachen an, wie viele kontinuierliche, sehr feine Nadelstiche. Ein Gefühl von feuriger Chilischärfe und prasselnd-picksendem Prickeln.
Im Chinesischen als “málà” bezeichnet -> die englische Übersetzung der n dwr Wikipedia ist “numbing hot”. Allersings nicht stark betäubend.

Diesen Spezialeffekt habe ich an meinem ersten Abend in Shanghai schon beim Fast Food Nudeleintopf gemerkt – bei weitem nicht so intensiv wie an jenem Abend im Sichuan Restaurant, aber spürbar. Im ersten Moment dachte ich mir die Zunge an den Nudeln verbrannt zu haben. Es war jedoch ein ganz schwacher Vorgeschmack auf jenes Schärfe-Feuerwerk das ich am Abend mit den chinesischen Kollegen im Sichuan Restaurant erleben durfte.
Die Innereien, der Fisch und vor allem die Froschschenkel hatten neben der feurigen Schärfe von Chili diesen prickelnden Spezialeffekt. Wie gesagt, Für einen Capsaicinjunkie wie mich ist die authentische Sichuanküche ein herrliches Erlebnis.

Als ich an meinem letzten Wochenende in einem anderen Sichuan Restaurant essen war, kam dieses Gefühl nicht auf. Leider war auch deren Gong Bao Jí. recht lasch – schmeckte fast, als wäre es aus einer Supermarktdose aufgewärmtes Instantfood. Auch bei dem als Spezialität bezeichneten brutzelnden Calamaritentakeln in Chili, schmeckte ich nur Schärfe – das prickelnde Picksen blieb aus. Das Picksen muss also durch eine besondere Zutat hervorgerufen werden. Es muss also noch etwas anderes sein, als nur der Sichuanpfeffer oder Chili. Was könnte es sein? Die chinesischen Kollegen war unfähig es zu erklären.

我家餐厅 – Wǒ jiā cāntīng – Ich zuhause in Kantine :-)

Sonntag 24-AUG-2014
Zum Mittagessen sollte es diesmal wieder eine Spezialität aus Shànghǎi werden. Im Lonely Planet war ein Restaurant im French Consessision aufgeführt, was angeblich nur lokale Küche auftischt – speziell Fisch und Meeresfrüchte. Laut LP Beschreibung gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Man solle nur nicht zu viel vom Service erwarten. Da das Lokal mit Namen 我家餐厅 (Wǒ jiā cāntīng) im schicken French Consession liegen sollte, kam bei mir wieder Skepsis auf, doch mir war nach Fisch und Meeresfrüchten. Warum nicht ausprobieren? Ich kann mit meinem kaum vorhandenen mandarin sogar einen Großteil des Restaurantnamens übersetzen 🙂

Allerdings, die Adressbeschreibung mutete etwas seltsam an: Das Haus sollte mit Adressangabe an einer mehrspurigen Straße liegen, weitere Bezeichnung war “Lane” und dann erst die Hausnummer.
Tatsächlich lag das Haus mittig in einer abzweigenden Seitenstraße. Die Hausnummer habe ich gefunden, auch ein kleines rotes Schild über der Tür sagte 我家餐厅,  dass ich das Lokal gefunden hatte, nur sah es ganz und gar nicht nach einer Gaststätte oder Restaurant aus. Es war ein ganz normaler, kleiner Hauseingang eingezwängt in Mehrfamilienhäuserblock/-zug. Sehr ungewöhnlich. Keine wirklichen Anzeichen für ein Restaurant abgesehen vom Schild über der Tür mit Aufschrift 我家餐厅.

"Lane" - Seitenstraße

“Lane” – Seitenstraße

In dieser Seitenstraße liegt die Gaststätte

In dieser Seitenstraße soll das Restaurant liegen

Soll das der Eingang zum Restaurant sein?

Soll das der Eingang zum Restaurant sein?

Die Tür stand halboffen und gab den Blick in den beladenen Hauseingang frei. Hinter der Schwelle stand ein Haustierkäfig in welchem eine Katzenmutter ihre Jungen säugte. Vergilbte Wände, irgendwo spielte ein Radio. Restaurant? Auf mein “Ni hao?” kam keine Antwort. Um ganz sicher zu gehen, fragte ich den Pförtner jener Seitenstraße: “我家餐厅?” Er nickte bestätigend: “我家餐厅” – wǒ jiā cāntīng. Mir schien die Situation seltsam, aber ich dachte: “Also los, ab ins Abenteuer: wǒ jiā cāntīng!” Ich betrat den halbdunklen Korridor und ging immer geradeaus auf die nächste Korridortür zu.

Katze im Hauseingang

Katze im Hauseingang

Korridor im Hauseingang

Korridor im Hauseingang

… hinter dieser landete ich in einem mit ausgebleichten roten Teppichen und Wandbehängen ausgekleideten Raum. Dort standen mehrere runde Tische wie man sie für Essensgesellschaften in China nutzt. Außerdem saßen drei Chinesen im Raum verteilt. An einem Tisch hing ein Mann mit seiner Zigarette am Aschenbecher, dann noch ein anderer Mann in beiger Kleidung – scheinbar Koch – und eine Frau. Als mich die Tür in jenes Zimmer ausspuckte, verstummte die Unterhaltung der drei wie mit dem dumpfen Klopfen eines Küchenbeils. Wenn ich schon ihre Aufmerksamkeit hatte, so fragte ich ob sie englisch können:”Yi wen?” – Ich blickte in fragende Gesichter. Also entweder stimmte mal wieder meine Betonung der Frage “Englisch?” nicht, oder die drei sprechen weder englisch noch chinesisch. Dann unternahm ich noch einen Versuch: “Dibuqi, wǒ jiā cāntīng?”
Die Konfusion löste sich nicht.
Der Mann mit Zigarette ergriff die Initiative unter den dreien und bellte los. Er erkannte, dass ich kein Wort seines chinesischen Lamentierens verstand und schnatterte daraufhin munter weiter. Oder sprach er shanghainesisch? Jedenfalls quasselte er weiter auf mich ein und gestikulierte dann Richtung gegenüberliegender Tür. Die habe ich dann auch genommen.
Das Abenteuer ging weiter, denn ein niedriger, schief gefliester Durchgang führte an der Küche vorbei …

Vorratskammer im Küchendurchgang

Vorratskammer im Küchendurchgang

Küche

Küche

Küche

Küche

Kücheneingang

Kücheneingang

Vorratsbereich im Küchenkorridor

Vorratsbereich im Küchenkorridor

Wo bin ich hier gelandet?

Wo bin ich hier gelandet?  我家餐厅, wo denn sonst?

… in einen kleinen, spartanisch eingerichteten Raum. Dieser sah mit Tischen und Bänken schon eher nach Gaststätte aus. Die weiße Einrichtung wirkte urig. Hier wurde ich mit gleichgültigem Blick vom vermeintlichen Gastwirt willkommen geheißen …

Die eigentliche Gatstätte

Die eigentliche Gatstätte

… hier bediente scheinbar noch der Herr des Hauses persönlich. Er war Ende fünfzig/vielleicht schon in seinen Sechszigern. Mit schlaffer Handbewegung ließ er das laminierte Heftchen, dass die Speisekarte  darstellter vor mir auf den Tisch patschen.
Das chinesiche Menu hatte zu meiner Überraschung putzige englische Übersetzungen der einzelnen Speisen. Es gab auch tatsächlich Fisch auf der Karte. Da ich Tintenfisch probieren wollte, und in der Karte auch fündig wurde, bestellte ich Tintenfisch mit “salzigem Gemüse”- wobei ich gelernt habe englischen Übersetzungen von chinesischen Speisen zu misstrauen.

Händewaschen auf der Toilette an der ich vorher vorbeikam. Ich kam wieder durch die halboffene Hinterhofküche, wo der Koch mit einem Hackebeil den Kalmar vorbereitete. Hätte ich mir den Anblick ersparen können? Es schien, dass der Kopffüßler die letzte Zeit in der Tiefkühltruhe verbracht hatte … Immerhin, wenig später wurde dampfend-heiß serviert und damit waren die Tintenfischstreifen zumindest durchgegart.

Außerdem gab es Tofu mit getrockneten, stark gesalzenen Fischstückchen. Die Mahlzeit deckte mühelos meinen Wochenbedarf an Salz.

Sepia / Kalmar
Sepia / Kalmar

Mittagessen

Mittagessen

Tofu mit eingesalzenem Fisch

Tofu mit eingesalzenem Fisch

Der Gastwirt ließ sich nicht von meiner Anwesenheit stören bei seinem Kassensturz . Ich saß in seinem Rücken. Entweder ist er ausländische Gäste gewohnt oder er war genervt und wollte es sich durch die Flucht in sein Kassenbuch nicht anmerken lassen.

Der anderer Mann von nebenan trat herein und musterte mich verhalten, aber mit merklicher Neugier. Obwohl er mit seinem Rotzhochziehen, umständlicher Art sich die nächste Zigarette anzuzünden und erhobenem Kinn den starken Mann markieren wollte, verriet seine unsichere Körperhaltung und sein verwundert, neugieriger Blick, dass er nicht so genau wusste, was er von meiner Anwesenhwit halten sollte.

Auch der Koch ließ es sich nicht nehmen argwöhnisch aber neugierig den fremden Gast zu begutachten, der scheinbar besser mit Esstäbchen umgehen kann, als vermutet. Unter dem Vorwand etwas mit dem Chef klären zu wollen, kam der Koch aus der Küche herüber und warf einen unkenden Blick in meine Richtung. Um ihm zu zeigen, wie gut mir das versalzene Gemüse schmeckte, begann ich komplimentierend zu schmatzen.

Dass ich nach dem Begleichen meiner Rechnung gerne vom Gastwirt den Zettel haben wollte, auf dem er meine Bestellung notiert hatte, verstand er nicht so recht. Die Rechnung war korrekt. Ich wollte den Zettel nur als Andenken an diesen “Culture Clash” – und natürlich um später bei einem chinesischen Nachzufragen, was bei meiner Bestellung notiert worden ist. Als Trost gab mir der Chef drei Zettel aus einem Quittungsheftchen.
Als ich mich zum Gehen Richtung Küche abwandte, kam durch eine gegenüberliegende Tür ein junges chinesisches Pärchen. Aha, gibt scheinbar auch einen richtigen Haupteingang statt der Hintertür. Ob dies der Lonely Planet schon wusste? Den Hintereingang hatte ich bereits lieb gewonnen und ich lies es mir nicht nehmen wieder den Hintereingang zu benutzen. Auf dem Weg nach draußen schoß ich noch ein paar Fotos zur Dokumentation dieser ungewöhnlichen Gaststätte.
Beim Verabschieden sagte der Koch der im Wohnzimmer saß noch “Tschüss!” – Das der Koch – wohl eher zufällig als gewollt – ein Wort deutsch konnte, setzte diesem kuriosen Essen noch die Krone auf.

Reiskocher im Flur

Reiskocher im Flur

Zweite Küche

Zweite Küche

我家餐厅 – Wǒ jiā cāntīng – Ich zuhause in Kantine 🙂

Kulinarisches Shànghǎi – Teil 2

Frühstück in China habe ich schon durch paar subjektiv erlebte Einschätzungen beschrieben. Wobei mir dabei das Pendler-Frühstück aufgefallen ist, das viele Shanghaier auf dem Weg zur Arbeit an Straßenständen kaufen. Mit dieser Einschätzung liege ich ganz gut, wie mir folgender Webartikel bestätigte. Der Artikel ergänzt noch was man in Shànghǎi u.a. zum Frühstück isst:
http://www.culinarybackstreets.com/shanghai/2013/shanghai-street-foods/

Nach der unfreiwilligen Bekanntschaft mit dem SanHuangJí, will ich mich in der verbleibenden Zeit lieber den typischen Köstlichkeiten einer Hafenstadt wie Shànghǎi widmen: Fisch und Meeresfrüchten

In einem Restaurant in der Foodstreet Yunnan Lu versuchte ich mein Glück mit Fisch und Meeresfrüchten und wurde auch fündig. Das Gericht was ich bestellte wurde auf der Speisekarte als Suppe mit Meeresfrüchten beschrieben. Die Abbildung dazu war wie immer irreführend. Die vermeintlichen Fischfilets entpuppten sich als bauchige Mehlnudeln; ähnlich wie zu dick geratene Spätzle. Zu meiner Überraschung waren aber noch Muscheln in der Suppe dabei.

Meeresfrüchte mit Gurken, Pilzen und "dicken Nudeln"

Meeresfrüchte mit Gurken, Pilzen und “dicken Nudeln”

Es hat sehr gut geschmeckt, war jedoch ein sehr heftiges Mittagessen, weil ich dazu noch Jaozi bestellt hatte. Die Portionen fallen häufig größer aus, als gedacht…

Hier noch ein kleines Goodie in Bezug auf Dumplings:

http://www.theworldofchinese.com/2014/04/7-ways-to-wrap-a-dumpling/